Cooles Kühlungsborn
Strandurlaub mit den Eltern an der Ostsee.
Wie öde, dachten Johannes Neubauer (fast 14) und sein Bruder Vincent (10). Doch es kam ganz anders als gedacht. Ein Erlebnisbericht.
Meine Eltern lieben das Meer. Für sie gibt es nichts Schöneres als stundenlang am Strand entlang zu spazieren oder sich mit Buch oder Zeitung in einen Strandkorb zu fletzen. Mit Grausen denken mein kleiner Bruder und ich an den letzten Urlaub an der holländischen Nordseeküste. Sand soweit das Auge reicht. Ein paar kreischende Möwen. Sonst nichts. Gähnende Langeweile. Total öde.
Ihren nächsten Urlaub wollte meine Mutter an der Ostsee verbringen. Deshalb fahren wir für eine Woche nach Kühlungsborn bei Rostock. „Ein richtig schickes Ostseebad“, schwärmt Mama, „mit der längsten Strandpromenaden von ganz Deutschland und tollen Hotels und Wellnesstempeln.“ „Nicht schon wieder“, denke ich. Und der erste Eindruck gleich nach der Ankunft scheint meine Befürchtungen zu bestätigen. Es gibt jede Menge Sand,
einen Horizont, kreischende Möwen, Boutiquen, Restaurants und Cafés – sonst nichts! Ach, ja – ein paar Spielplätze gibt es auch. Aber aus dem Alter, in dem mein Bruder Vincent und ich das prickelnd gefunden hätten, sind wir ja längst raus! Doch der erste Blick trügt. Tatsächlich verstecken sich hinter den Hotels und Ferienanlagen verschiedene Outdoor-Aktivitäten, die auch Teenagern coole Ferien garantieren.
Mein Favorit: der Kletterpark. Er verbirgt sich unter einem dichten Blätterdach im Stadtwald von Kühlungsborn. Vincent und ich gehen gleich am ersten Tag alleine hin, während Mama und Papa es sich in einem Strandkorb bequem machen. Der Geschäftsführer vom Kletterpark heißt Olaf Jordan. Er ist ziemlich cool. Er redet nicht lang rum, wie viele Erwachsene das tun, sondern hilft uns gleich, die Sitzgurte anzulegen. Dann erklärt er uns, wie wir uns mit den Karabinern sichern müssen und schon geht es los. Es gibt sieben verschiedene Parcours – von Bodennähe bis in atemberaubende Höhen. Da findet jeder seine ganz persönliche Herausforderung. Für mich war das der „Base Jump“ aus zehn Metern Höhe. Aber auch die Seilbahn macht total viel Spaß. Mit einer Länge von über 100 Metern ist der Kühlungsborner Flying Fox übrigens eine der längsten Kletterwaldseilbahnen in ganz Deutschland. >>
Zurück bei den gechillten Eltern am Strand fällt auch das Fazit von meinem kleinen Bruder begeistert aus: „Das war echt cool – dürfen wir morgen noch mal?“ Nach so viel Bewegung an der frischen Ostseeluft haben wir aber erst mal mächtig Hunger. Wie gut, dass Olaf uns einen Tipp gegeben hat, wo wir unsere knurrenden Mägen zum Schweigen bringen können:
Bei Hardy Erdmann am Bootshafen. In seinem Bistro Edel&Scharf gibt es rund um die Uhr Currywurst und goldgelbe, sagenhaft gute Pommes in der Form von Schiffen. Beides – die Currywurst und die Kartoffelschiffchen – hätten in Kühlungsborn Kultstatuts, heißt es und dass die Erwachsenen zur Kult-Currywurst ein Glas Champagner trinken. Ausgestattet mit dieser Info ist es uns ein Leichtes, Mama samt ihrer Geldbörse in den Bootshafen zu lotsen!
Am nächsten Tag steht Schnuppersegeln auf dem Programm. Herr Schulz, der Chef vom Wassersport Center Kühlungsborn und sein Mitarbeiter Hartmut Rieck, sind beides erfahrene Skipper. Nach einer Lektion Segel-Einmaleins und einer Cola auf der Terrasse seiner Segelschule laufen wir gemeinsam hinunter zum Strand, wo die Boote liegen. Dort zeigt uns Herr Rieck, wie der Katamaran fürs Segeln fertig gemacht wird. Auftakeln heißt das unter Seeleuten. Und dann geht’s auch schon los. Leider hat es an diesem Tag kaum Wind und so nimmt der Katamaran nicht so richtig Fahrt auf. Auch über die Bordwand hängen, wie ich es schon im Fernsehen gesehen habe – in der Fachsprache nennt man das Ausreiten – kann ich deshalb nicht. Schade! Aber wie sich zeigt, hat die Flaute auch Vorteile. Es gibt kaum Wellen und während ich meinen Blick übers die Wasseroberfläche bis zum Horizont schweifen lasse, tauchen plötzlich weit draußen vier bis fünf schwarze Dreiecke aus den Wellen auf und verschwinden genauso schnell wieder. Delfine in der Ostsee? Der Skipper ist ratlos. Es könnten die Rückenflossen von Schweinswalen gewesen sein, meint er. Allerdings hat er noch nie Schweinswale so nahe an der Küste gesehen. Egal, mir gefällt der Gedanke, dass ich Schweinswale gesehen habe! >>
Deshalb finde ich es cool, dass Jugendliche in Kühlungsborn auch einen Blick unter die Wasseroberfläche werfen können. Wer weiß, was sich in der Ostsee noch tummelt? In der Tauchbasis Baltic ist man nicht nur auf Erwachsene, sondern auch auf jugendliche Urlauber eingestellt. Neoprenanzüge für Kinder ab zehn Jahren, Taucherbrillen, Flossen und Bleigürtel in verschiedenen Größen und Gewichtsklassen – alles da! Wir waten vom Strand aus ins Wasser – rückwärts, denn mit den Flossen an den Füssen kommt man vorwärts kaum voran. Vincent hat Schiss vor dem Unbekannten, das in der Tiefe auf ihn lauern könnte und ergreift daher bereitwillig nach der ausgestreckten Hand des Tauchlehrers. Als ich an der Reihe bin, würde ich mich am liebsten darum drücken. Doch Sicherheit geht vor. Denn diesmal ist die Ostsee, im Gegensatz zum Segeltag, ziemlich rau. Aber ich kann alle Teenager, die Händchenhalten mit einem Lehrer auch uncool finden, beruhigen: Im Sommer gibt es diese Sicherheitsmaßnahme nicht!
Fest steht: Der Ausflug in die Unterwasserwelt vor Kühlungsborn lohnt sich.
Verschiedenfarbige Quallen treiben an mir vorüber, rosa Seesterne kleben an den Felsen unter mir und kleine Fische huschen bei meinem Anblick schnell in ihre Verstecke. Es ist total still unter Wasser. Nur ab und an knackt es in meinem Ohr und beim Einatmen hörte ich das Rauschen, das anzeigt, wie der Sauerstoff aus der Flasche auf meinem Rücken in meine Lungen strömt.
Übrigens auch an Jugendliche, die – anders als ich – keine Geschwister haben, oder einfach nur mal mit Gleichaltrigen abhängen wollen, hat man in Kühlungsborn gedacht: An bestimmten Nachmittagen führen Teenager aus Kühlungsborn durch den Hafen und verraten,
wo man sich zum Chillen treffen kann. Hier bekommt man Tipps für weitere Aktivitäten oder man kann sich mit anderen für die Schnitzeljagd mit der App, zur Stadtführung mit dem Smartphone oder zum Beachvolleyball verabreden.
Wer glaubt, nach dem Schnuppergolfen, beim Tauchen oder Segeln ein neues Hobby für sich entdeckt zu haben, kann richtige Kurse machen und am Ende der Ferien mit einem Segelschein oder der Platzreife beim Golf nach Hause fahren. Ich persönlich würde gern einen Tauchschein machen. Denn Tauchen kann man ja überall – in der Adria und im Atlantik, in der Nord- und der Ostsee. Bye bye Langeweile! Und glänzende Aussichten für alle weiteren Ferien am Meer …
Wiederkommen will ich aber auch aus einen anderen Grund: Der Off-Road-Park, von dem mir die Kühlungsborner Jungs im Hafen erzählt haben, hatte in den Herbstferien leider schon geschlossen. Dort kann man mit einem Quad die Hügel hoch und runter heizen. Und das ist mal richtig cool, oder? (jne)