Urlaub im Wandel der Zeiten – Damals und heute

Ehemalige „FDGB-Ferienobjekte“ im Ostseebad Kühlungsborn

Man kann sie heute in Kühlungsborn immer noch entdecken, aber man sieht ihnen ihre Vergangenheit nicht mehr an – zum Glück. Von den ehemals ca. 50 FDGB-Objekten, die es 1990 im Ostseebad gab, hat ein großer Teil den Aufbruch in neue Zeiten erfolgreich gemeistert. Grundvoraussetzungen dafür: dringend notwendige Modernisierung der Gebäudesubstanz, die in vielen Fällen nach den DDR-Jahren auch optisch heruntergewirtschaftet war, und das Erfüllen von zeitgemäßen Urlaubsstandards und Gästewünschen. Viele Besucher, die Ferien an der Ostseeküste noch aus den 80er Jahren kennen, werden sich gut an die ehemaligen Standards erinnern, was z. B. den „Badezimmerkomfort“ oder die gastronomische „Leistungsfähigkeit“ betrifft.

Was bedeutet FDGB?

Hierbei handelt es sich um die zentrale Einheitsgewerkschaft, die es bereits in der sowjetischen Besatzungszone gibt und die 1949 (Gründung der DDR) mit neuer Satzung fortbesteht. Der Gewerkschaftsbund „erkennt die SED als »die Partei der Arbeiterklasse« und als deren »bewussten Vortrupp« an.
Er will »kämpfen für die allseitige Stärkung« der DDR.“ Dazu gehören zunächst Aktivisten- und Wettbewerbsbewegungen, Leistungslöhne, die Verbesserung der Arbeitsbedingungen, Wohnraumversorgung, betriebliche Kulturarbeit und schließlich auch das Ferienwesen. Der FDGB-Feriendienst wird zum größten Reiseveranstalter der DDR.
Die hohen Mitgliederzahler der Massenorganisation FDGB (ca. 9,6 Mio. in 1986) stehen allerdings nicht für eine echte, frei gewählte Identifikation. Wer nicht Mitglied werden will, muss Nachteile in Kauf nehmen – vom Karrierestopp bis hin zum Arbeitsplatzverlust. Die SED-Führung lässt generell keine unabhängigen Gewerkschaften zu. Innerhalb des FDGB gibt es jedoch auch Einzelgewerkschaften, etwa die IG Metall oder Handel, Nahrung und Genuss. An der Ostseeküste organisiert der FREIE DEUTSCHE GEWERKSCHAFTSBUND seinen Feriendienst zuletzt mit ca. 633 eigenen Objekten und zusätzlich angemieteten Privatpensionen.

1947 wird auch in Kühlungsborn der Feriendienst des FDGB gegründet. Das bedeutet grundsätzlich den Aufbau eines neuen, zentral gelenkten Bäderwesens im Ort. In der Saison 1950 können fast 30.000 Besucher registriert werden, 1955 sind es bereits doppelt so viele. In diese Geschichte gehört auch der 10. Februar 1953: Im Zuge der „Aktion Rose“ werden Ferienobjekte an der Ostseeküste willkürlich enteignet, was eine Zerschlagung des privaten Beherbergungswesen zur Folge hat. In den kommenden Jahrzehnten verfügt der FDGB in Kühlungsborn über immer mehr Ferienheime, in denen jährlich bis zu 160.000 „Werktätige“ einen Urlaubsplatz erhalten können. In der gesamten DDR gibt es etwa 1.500 Häuser.

Der FDGB hat das unangefochtene Monopol inne, was die flächendeckende „sozialistischen Urlaubsgestaltung“ betrifft. Touristische Auslandsreisen waren (mit Ausnahmen) ohnehin nur möglich, wenn es in „befreundete“ Länder des damaligen Ostblocks ging. Wohlbekannt sind die „Ferienschecks“ für jeweils konkrete Erholungseinrichtungen, welche jedes Jahr an die Betriebe und Mitarbeiter ausgegeben werden. Der zu zahlende Reisepreis deckte die tatsächlichen Kosten nicht ab, der Rest waren gewollte staatliche Subventionen. Der Verteilerschlüssel für die verfügbaren Urlaubsplätze zwischen Ostsee und Erzgebirge richtete sich nach der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedeutung der Betriebe und auch nach sozialen Gesichtspunkten – so jedenfalls die offizielle Regelung.
Mit der politisch-gesellschaftlichen Zäsur der Wende endet auch die Herrschaft des FDGB-Ferienzentralismus. Die Immobilien im Besitz der Gewerkschaft werden zunächst von der Treuhand in Berlin verwaltet – mit dem Ziel, sie zu privatisieren oder rückzuübertragen. Um diesen Prozess zu verbessern, erhalten 1991 schließlich die Kommunen landesweit die Verantwortung für über 700 Objekte des FDGB. (rla)

Modernisiert & heute noch im Ostseebad Kühlungsborn zu finden:

HAUS HAMBURG in der Strandstraße, früher FDGB-Erholungsheim „Frohe Zukunft“:
erbaut um 1902, seit 1955 als FDGB-Kulturzentrum genutzt, danach u. a. Wohnhaus, Buchhandlung, Wäscherei, heute Einzelhandel, Gastronomie & Ferienwohnungen

ROSENHOF in der Poststraße, früher „Haus Waterkant“:
1901 erbaut als Pension, 1967 Kauf durch den FDGB, seit 1994 das heutige Hotel mit Apartments & Ferienwohnungen

SCHLOSS AM MEER, früher Ferienheim „Jochen Weigert“:
Baujahr 1901/02, Nutzung als Hotel, seit Umbau in den Jahren 1912/13 als Schloss am Meer bekannt, ab 1958 in Gewerkschaftshand, seit der Wende wieder Hotelbetrieb, heute zusammen mit dem benachbarten Hansa Haus

RESIDENZ UNTER DEN LINDEN in der Lindenstraße, früher „FDGB-Erholungsheim Albert Kaiser“:
Baujahr 1929, eröffnet als Erholungsheim BVG Berlin, kurzzeitige Nutzung als Lazarett, sowjetische Kommandantur und Haus für Umsiedler, ab 1953 Nutzung durch den FDGB, danach Hotel, heute Ferienwohnungen

VILLA BALTIC, früher „FDGB-Heim Kurt Bürger“:
1912 für Familie Hausmann erbaut, später an die Berliner Hochschule für die Wissenschaft des Judentums gestiftet, 1938 Enteignung durch die Nazis, FDGB-Nutzung seit ca. 1953, 1972 Eröffnung einer Meerwasser-Schwimmhalle als Anbau, „Villa Baltic“ mit Restaurant, Café & Bar, Leerstand seit 1991, aktuell ist eine Grundsanierung geplant

VILLA ASTORIA in der Ostseeallee, früher „FDGB-Erholungsheim Seewind“:
eröffnet 1911 als Pension, ab 1975 FDGB-Nutzung, 1995 Neueröffnung als Hotel, heute Hotelsuiten und Gastronomie

VILLA LAURA in der Ostseeallee, früher „FDGB-Erholungsheim Waldidyll“:
erbaut 1904/05 als eines der ersten Häuser am Bülowweg, ab 1953 in Gewerkschaftshand, nach Leerstand ab 2006 Nutzung als Ferienapartments

HAUS WILHELMINE an der Seebrücke, früher „Erholungsheim Wilhelmine“:
erbaut 1898/99, ab 1977 betrieben durch den Gewerkschaftsbund, nach der Wende Rückübertragung, ab 1995 Hotelbetrieb, heute ein Modekaufhaus

 

 

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