Sonnenbadende – Neues öffentliches Kunstwerk
Im Juni 2022 wurden im Ostseebad zwei neue Skulpturen enthüllt: etwa 60 cm hohe Zwillings-Bronzefiguren, die in der Hermannstraße jeweils auf einem Sockel gegenüberliegend platziert sind.
Die „Sonnenbadenden“ werden künftig die Urlaubsgäste Kühlungsborns begrüßen bzw. verabschieden und sind natürlich auch als Fotomotiv gedacht. Die zwei sitzenden Bronzefiguren, eine männlich und eine weiblich, betonen zudem die Hermannstraße als Übergangsweg von Stadt zu Meer. Da beide jeweils in die entgegengesetzte Richtung schauen, behält die Arbeit einen offenen Charakter durch das den Betrachtern zugewandte Gesicht. Mit der Symbolik eines abgewandelten Tores greift das Kunstwerk zudem die Torbogenarbeit in der Strandstraße, Kühlungsborn Ost auf.
Wir sprachen mit der Bildhauerin Julia Kausch aus Rostock.
Wie lange dauerte der gesamte Prozess beim Erschaffen Ihrer Skulpturen?
Das gesamte Projekt dauerte etwa 1 Jahr und 4 Monate. Im praktischen Sinn begann die Umsetzung mit meiner Zusammenarbeit mit den Aktmodellen. Wir haben zunächst viel am Körper gemessen, was dann in bestimmte Maße übertragen wurde. Am Beginn stand außerdem die Herstellung des Gerüstes mittels Schweißen. Unter dem Gipsaufbau befindet sich nämlich eine Eisenbewehrung. Dann ging es mit der Gipsarbeit weiter, was einige Monate dauerte. Hier kommt es nach dem Grobaufbau im weiteren Verlauf auf die Details an: Dort muss nachgezogen werden, hier kommt eine Abstraktion hinein, an anderer Stelle lasse ich etwas weg.
Welche Schritte gab es noch?
Dann folgte der Part der Gießerei. Ich habe den Vorteil, dass ich mit der regionalen Gießerei Lachmann zusammenarbeite. Die Mitarbeiter kamen zu mir ins Atelier, um dort die Gipsstücke für den Guss zu zerschneiden – immer eine sehr aufregende Angelegenheit, weil natürlich auch etwas wegbrechen kann, das dann wieder aufgearbeitet werden muss.
Die einzelnen Gipsstücke, etwa Torso, Hände und Beine, werden abgeformt und aus dieser Negativform wird dann wieder ein Wachspositiv erstellt. Nach seiner Überarbeitung folgt der Bronzeguss. Die Bronzestücke werden anschließend wieder zusammengeschweißt und ich überarbeite die Metallnähte. Es folgt das Ziselieren der Oberfläche, dann kommt die Patinierung mit Schwefel und Kupfersalzen und als absolutes Endfinish schließlich Bienenwachs.
Die Oberfläche verändert sich noch planmäßig an der Luft?
Da die Skulpturen in Strandnähe sind, haben wir Salzwassereinflüsse, Wind und Sandpartikel, und in den nächsten Monaten sorgen die Wetterbedingungen für eine Veränderung der Patina. Die Wirkung ist sogar jetzt schon stärker, als ich dachte. So wie man es von Kupferdächern kennt, werden die Figuren irgendwann flächig grün sein – es sei denn, man lackiert Bronze unnatürlich. Aber ich persönlich finde es gut, wenn eine Bronze im öffentlichen Raum sich entwickelt und eine Geschichte hat. Das kann 1-2 Jahre dauern. Ich finde es inhaltlich ideal, dass sie an dieser Stelle, wo wir das Meer in unmittelbarer Nähe haben, diesen grünen Anstrich bekommen und sich sozusagen der Natur annähern.
Ist dieses Projekt etwas Besonderes, auch im Kontext Ihrer bisherigen Arbeiten?
Es gibt hier in Kühlungsborn insbesondere die Tor-Situation der beiden Stelen und den konkreten stadtgeografischen Bezug, und natürlich die Verbindung Stadt & Meer. Das ist in jedem Fall etwas Besonderes. Ebenso, dass der Ort sich in Ost und West aufteilt und im Stadtteil Ost noch ein anderes Kunstwerk steht, zu welchem es einen Zusammenhang gibt.
Wer weiß, ob mir das so nochmal in meinem Arbeitsleben begegnet, dass ich mich ganz konkret auch auf ein anderes Kunstwerk beziehe, ohne die Eigenständigkeit dieses Kunstwerks anzutasten oder meine Eigenständigkeit der Arbeit. Das hat Freude gemacht, ich gehe da aber auch mit einer besonderen Sensibilität heran. Was die „Sonnenbadenden“ betrifft, so sind es 2 Figuren, die miteinander korrespondieren und im Endergebnis zusammenkommen müssen. Auch dabei handelt es sich immer um etwas Besonderes. Hervorzuheben ist ebenso der handwerkliche Aspekt etwa in der Gießerei: Wie setzt man die Patinierung an? Man muss sich vorstellen, dass sich die Farbnuancen darüber bestimmen, wie heiß die Bronze ist und wie lange bzw. wie dicht man den Brenner an die Bronze hält. Es reichen minimalste Abweichungen, um ein anderes Ergebnis zu haben – ein erhöhter Schwierigkeitsgrad.
Zudem habe ich meine Figuren als Zwillinge konzipiert, wobei ich keine Zwillinge als Modell hatte. Hier stellte sich die Frage, wie man beide Figuren zusammenbekommt, so dass sie sich zwar ähneln, aber keine Kopie voneinander sind. Das war ein diffiziler Weg. (rla)